Wenn man beim Film arbeitet, sieht man nicht nur die ungewöhnlichsten Orte, man kauft auch die ungewöhnlichsten Dinge, weil man ‚Requisiten‘ braucht, die dem Publikum helfen, an das fiktionale Umfeld zu glauben, das man als Filmemacher erschafft. Außerdem geben sie Schauspielern eine Möglichkeit zur Beschäftigung in einer Szene, die ihnen hilft, im Moment zu bleiben.
Ich habe eine Hassliebe gegenüber Requisiten seit meinem ersten richtigen Job beim Film im Ausstattungsdepartment. Ich arbeitete an einer High School-Film-Parodie, also schickte mich mein Chef, der Requisiteur, auf Einkaufstour in einen ‚Headshop‘ (ein Laden, der Utensilien zum Rauchen und Drogenkonsum verkauft). Dort sollte ich einige kleine Spiegel und andere Utensilien zum Kokainkonsum besorgen. Ich war zu der Zeit erst 18 und sah definitiv viel jünger aus, deshalb kam ich mir sehr seltsam vor, als der Verkäufer mir alles ohne mit der Wimper zu zucken verkaufte. Meine mühsame Aufgabe für den Rest des Tages war es, große Mengen Zucker so lange mit einem Löffel zu zerdrücken, bis es aussah wie Kokain. Aber hey, wer kann schon behaupten als Teenager so einen zweifelhaften Zeitvertreib gehabt zu haben?
Kürzlich erinnerte ich mich wieder an diese seltsame Situation zwischen dem realen Leben und dem Filmleben, als ich ein neues Projekt für meinen UCLA Extension Regie-Workshop vorbereitete, das BIRTH CONTROL (‚Familienplanung‘) heißt. Wie der Name schon vermuten lässt, musste ich einen Schwangerschaftstest kaufen, der eine wichtige Rolle in dem Film spielt. Und ich wollte nicht irgendeinen Schwangerschaftstest! Er hatte ein paar Regeln zu folgen: Ein positiver Ausgang musste von zwei Streifen angezeigt sein, wenn möglich Rot und es musste das Ergebnis neben dem Testfenster auf dem Test beschreiben. Weil ich ja schon ein alter Hase mit dem Requisitenkauf bin, brauchte ich etwas mehr Spaß.
Zuerst war da die erste Requisitensuche bei einem regulären Apothekenbesuch mit meinem Freund, als ich auf einmal sehr interessiert an einer Packung Schwangerschaftstests war. Natürlich habe ich ihm bald klar gemacht, dass ich sie für einen Film brauche, aber trotzdem konnte er nicht umhin, sich zu entschuldigen und mich diese Besorgung alleine machen zu lassen, weil ein paar andere Besucher uns schief angucken könnten. Wie peinlich! Nachdem ich meine Recherche was Schwangerschaftstests und deren Preise angeht beendet hatte, entschied ich mich für mehr Nervenkitzel udn ging in meine Lieblingsapotheke, wo ich einen Dreierpack Schwangerschaftstests kaufte, weil man beim Film immer Material für mehrere Takes braucht und in meiner Situation verschiedene Stufen des Tests für Nahaufnahmen.
Ich habe mich sehr gefreut, als die einzige Kassenbedienung ein Junge zwischen 16 und 18 war, weil ich wusste, dass dies vielleicht sein erster peinlicher Schwangerschaftstestmoment sein würde. Als Regisseur bin ich immer auf der Suche nach einem echten emotionalen Moment und dieser versprach, ganz besonders spannend zu sein. Also versuchte ich nicht zu grinsen, legte es auf den Verkaufstisch sodass er nicht gleich sehen konnte, was es ist und wartete auf seine Reaktion. Der Test hatte zudem einen Discountsticker drauf, der nicht mehr gültig war, aber es war seine Aufgabe, es zu checken und mir mitzuteilen. Er konnte mir kaum in die Augen schauen. Als ich ihn beobachtete, wie er den Test wie eine heiße Kartoffel in den Händen hielt, bemerkte ich überrascht, wie mein Gesicht rot wurde, nicht weil es mir peinlich war, sondern weil ich mit dem Jungen mitfühlte.
All die Opfer haben sich aber gelohnt – der Film war ein voller Erfolg im Unterricht und brachte mir eine 1+. Er ist hier zu begutachten!